Rezension || Kleine große Schritte von Jodi Picoult

by Marie-Theres Werner
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WORUM GEHT ES?

„Ruth Jefferson ist eine äußerst erfahrene Säuglingsschwester. Doch als sie ein Neugeborenes versorgen will, wird ihr das von der Klinikleitung untersagt. Die Eltern wollen nicht, dass eine Afroamerikanerin ihren Sohn berührt. Als sie eines Tages allein auf der Station ist und das Kind eine schwere Krise erleidet, gerät Ruth in ein moralisches Dilemma: Darf sie sich der Anweisung widersetzen und dem Jungen helfen? Als sie sich dazu entschließt, ihrem Gewissen zu folgen, kommt jede Hilfe zu spät. Und Ruth wird angeklagt, schuld an seinem Tod zu sein. Es folgt ein nervenaufreibendes Verfahren, das vor allem eines offenbart: den unterschwelligen, alltäglichen Rassismus, der in unserer ach so aufgeklärten westlichen Welt noch lange nicht überwunden ist …“ (Quelle: C. Bertelsmann Verlag)

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MEINE MEINUNG:

Nachdem ich ein Seminar über Rassismus in den USA an der Uni belegt habe, konnte ich nicht einfach an diesem Buch vorbeigehen – ich musste es kaufen. Von Jodi Picoult kannte ich bisher nur Beim Leben meiner Schwester, ein Roman, der mich wegen seiner Realitätsnähe zum Staunen und gleichzeitig Weinen brachte. Kleine große Schritte hat mich ähnlich fasziniert. Rassismus ist nach wie vor ein sehr umstrittenes Thema, welches sich die Autorin in ihrem neuesten Roman mit sehr viel Feingefühl, Recherche und Humor nähert.

Ruth Jefferson ist Hebamme und Säuglingskrankenschwester. Auf ihrer Station im Mercy-West Haven Hospital ist sie die einzige schwarze Angestellte. Sie macht ihre Arbeit gut; seit über zwanzig Jahren ist sie bereits im Dienst, gehört zu den besten ihres Fachs, und doch konnte sie es einem Patientenpaar nicht recht machen. Nachdem der kleine Davis Bauer geboren wurde, ist es Ruths Aufgabe, die Nachuntersuchungen anzustellen. Doch noch bevor sie dies zu Ende bringen kann, wird sie ihrer Aufgabe entledigt – Davis‘ Eltern, Turk und Brit, sind Rechtsextremisten und verbieten jeglichem afroamerikanischen Personal, ihren Sohn anzufassen.

Der Grund, weshalb wir nicht über Rasse sprechen, ist der, dass wir keine gemeinsame Sprache sprechen.Jodi Picoult, Kleine große Schritte, C. Bertelsmann Verlag

Nachdem Davis beschnitten wurde – was ein Routineeingriff bei Babys darstellt – ist Ruth die einzige, die ein Auge auf ihn werfen soll. Sie weiß, dass ihr die Behandlung des Babys untersagt wurde, doch da ihre anderen beiden Kolleginnen zu einem Notkaiserschnitt gerufen werden, bleibt ihr keine andere Wahl. Da auch die Stationsschwester davon ausgeht, dass sie in weniger als zwanzig Minuten zurück sein wird und sich Davis nur von einer Routine-OP erholt, lässt sie Ruth ruhigen Gewissens mit dem Baby allein. Als es dann allerdings zu Atembeschwerden bei dem kleinen Patienten kommt, steht die Protagonistin vor der wahrscheinlich größten moralischen Wahl ihres Lebens: Soll sie die Anweisung ihrer Chefin, die beinhaltete, dass ihr der Kontakt zu Davis untersagt wurde, ignorieren, um ihm das Leben zu retten? Oder sollte sie abwarten, bis ihr jemand anderes zu Hilfe kommt und somit sicherstellen, dass sie ihren Job nicht verliert?
Egal, wie sie sich entschieden hat: Davis Bauer stirbt und Ruth steht wegen Mordes vor Gericht. Gemeinsam mit ihrer Anwältin Kennedy McQuarrie kämpft sie nun um einen Freispruch und vor allem um Gerechtigkeit.

In „Kleine große Schritte“ nähert sich Jodi Picoult dem Thema Rassismus mit sehr viel Feingefühl, Recherche und Humor. Klick um zu Tweeten

Kleine große Schritte hat mich in vielerlei Hinsicht beeindruckt. Das Buch ist in drei verschiedene Sichtweisen eingeteilt: Ruths, Kennedys und Turks. Ich fand es unglaublich interessant zu lesen, wie Jodi Picoult jedem Charakter seine eigenen Wesenszüge verpasst hat und wie gut es ihr gelungen ist, die unterschiedlichen Ansichten zu präsentieren. Turk unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von Ruth und Kennedy: er ist gewalttätig, schroff und in seiner Ausdrucksform hauptsächlich wütend. Ruth dagegen ist eine liebevolle Mutter, die sich hier und da mal gegen ihren 17-jährigen Sohn durchsetzen muss und Kennedy lockert das Buch durch ihren Optimismus und durch eingeschobene humorvolle Passagen wieder auf. Ich bin fasziniert davon, wie gut es Jodi Picoult gelang, drei so grundverschiedene Charaktere realitätsnah darzustellen.

Ich habe doch nur versucht, meinem Baby die bestmögliche Chance im Leben zu geben. Macht mich das zu einem Rechtsextremisten? […] Oder macht mich das einfach zu einem Vater?Jodi Picoult, Kleine große Schritte, C. Bertelsmann Verlag

Des Weiteren bin ich von der Recherche, die die Autorin für dieses Buch begangen hat, wahnsinnig beeindruckt. Nicht nur Ruths Rechtslage hat sie wirklichkeitsgetreu aufs Papier gebracht, auch durch ihre Bezüge zu anderen Gerichtsfällen, wie zum Beispiel dem von James Batson, oder ihr Wissen und die Einbeziehung der MCADD Krankheit machen Kleine große Schritte zu einem wirklichen Meisterwerk. Wie es bereits in der Washington Post stand, bin auch ich der Meinung, dass dieser Roman das wichtigste Buch ist, das Jodi Picoult jemals hätte schreiben können. In erster Linie geht es um Rassismus, aber auch um Vorurteile, Nächstenliebe, Gerechtigkeit und viele weitere soziale Themen, denen in unserer heutigen Gesellschaft mehr Aufmerksamkeit zugeteilt werden sollte. Und genau aus diesem Grund ist es auch ein Buch, das jeder in seinem Bücherregal stehen haben sollte.

Hinweis
Diese Rezension sowie die unten stehende abschließende Bewertung basieren einzig und allein auf meiner subjektiven, ehrlichen Meinung. Alle angesprochenen Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge können nicht auf die allgemeine Leserschaft des Buches bezogen werden. 
ECKDATEN ZUM BUCH:

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Quelle: C. Bertelsmann

Erscheinungstermin: 02.10.2017
Seiten: 592
ISBN: 978-3-570-10237-4
Autorin: Jodi Picoult
Originaltitel: Small great things
Übersetzerin
: Elfriede Peschel
Preis: 20€ (Hardcover), 10€ (Taschenbuch), 9,99€ (E-Book)

Direkt in deiner Buchhandlung kaufen.

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INFORMATIONEN ZUR AUTORIN:

Jodi Picoult, geboren 1966 in New York, studierte in Princeton und Harvard. Seit 1992 schrieb sie mehr als zwanzig Romane, von denen viele Platz 1 der New-York-Times-Bestsellerliste waren. Die Autorin versteht es meisterhaft, über ernste Themen unterhaltend zu schreiben. Sie wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, wie etwa 2003 mit dem renommierten New England Book Award. Picoult lebt mit ihrem Mann in Hanover, New Hampshire. (Quelle: C. Bertelsmann Verlag)

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12 comments

Elisa 8. April 2018 - 11:07

Also ich muss sagen diene Beiträge gefallen mir echt. Dein buch was du da geschrieben hast ist sehr sehr gut formuliert und gut strukturiert. Mach weiter so denn deine Arbeit ist toll die du da machst 😉

Reply
Marie-Theres Werner 8. April 2018 - 11:12

Vielen lieben Dank für das Kompliment, Elisa. Es freut mich wirklich sehr, wenn anderen meine Beiträge gefallen 🙂

Reply
Miriam 3. April 2018 - 9:58

Liebe Marie,
eine wunderbar interessante und spannende Rezension zu einem Buch mit einem unglaublich wichtigem Thema hast Du da geschrieben!
Ich liebe Deine Texte & Deinen Büchergeschmack – allerdings wird meine Wunschliste dadurch immer länger.. 😉
Liebe Grüße und einen schönen Start in den Tag,
Miriam

Reply
Marie-Theres Werner 3. April 2018 - 10:17

Hallo Miriam!
Wow, vielen lieben Dank für das Kompliment. Es freut mich unglaublich zu lesen, dass anderen meine Beiträge gefallen und ich ein paar Buch Tipps weitergeben kann 🙂

Reply
Andrea 2. April 2018 - 16:30

Ich kannte die Autorin bislang nicht, aber wow, deine Rezension hat wirklich Lust gemacht, das Buch zu lesen. Ich schreibe es auf meine lange, lange Liste und hoffe, dass ich nächsten Monat dazukomme.

Reply
Marie-Theres Werner 2. April 2018 - 16:35

Hallo Andrea! Es freut mich, dass ich dir das Buch näher bringen konnte. Sag mir dann ruhig Bescheid, ob es dir gefallen hat 🙂

Reply
Anhora 2. April 2018 - 13:29

Tolle Rezension! Ich habe das Buch noch nicht gelesen, aber „Beim Leben meiner Schwester“, was mich damals wirklich umgehauen hat. Weiß ich nach deiner inhaltlichen Beschreibung über dieses neue Buch schon alles, oder gibt es noch Offenes?
Ich kann kaum glauben, dass es Eltern gibt, die die Pflegerinnen ihres Kindes selektieren. 😮

Reply
Marie-Theres Werner 2. April 2018 - 13:33

Keine Sorge, ich habe nichts gespoilert. Die inhaltliche Zusammenfassung in der Rezension geht nur bis zum spannenden Wendepunkt. Ab da wissen nur die, die das Buch gelesen haben, wie es mit Ruth und Turk weiter geht. Ich achte bei all meinen Beiträgen darauf, dass ich weder das Ende, noch die Highlights verrate – du kannst also ruhigen Gewissens das Buch lesen und dich selbst von der Handlung überraschen lassen 🙂

Reply
Janika 2. April 2018 - 12:44

Liebe Marie,
eine sehr schöne ausführliche Buchbesprechung! Ich hab schon mehrere Rezensionen zu diesem Buch gelesen und bin immer wieder fasziniert, wie unterschiedlich die Meinungen dazu sind. Deine Sicht kann ich gut verstehen, auch wenn ich das Buch (noch) nicht gelesen habe.
Ich wünsche dir noch einen frohen Ostermontag!
Janika

Reply
Marie-Theres Werner 2. April 2018 - 12:47

Hallo Janika,
ich finde es auch immer spannend, die unterschiedlichen Meinungen von anderen zu lesen. Ich fand das Buch wirklich unglaublich spannend und auch von der Thematik her sehr wichtig. Vielleicht wurde ich durch das Uni-Seminar in der Hinsicht etwas geprägt – aber empfehlen kann ich es auf alle Fälle!
Liebe Grüße!

Reply
Jana Gierak 2. April 2018 - 11:27

Habe wieder mit großer Freude deinen Beitrag gelesen. Ich teile ganz deine Meinung zu diesem Thema. Ich werde mir das Buch besorgen und mit Interesse lesen. Warte schon gespannt auf deine nächsten Zeilen. LG von deiner treuen Leserin Jana

Reply
Marie-Theres Werner 2. April 2018 - 11:28

Hallo Jana,
es freut mich, dass dir die Rezension gefallen hat. Das Buch ist wirklich lesenswert. Lass mich danach wissen, wie du es fandest 😉
Liebe Grüße!

Reply

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