Rezension || Meine kleine Großmutter & Mr. Thursday von Tanja Langer

by Marie-Theres Werner
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Anzeige: Dieses Rezensionsexemplar wurde mir vom Mitteldeutschen Verlag zur Verfügung gestellt.
WORUM GEHT ES?

„Ich habe meine Großmutter gekannt, aber ich wusste nicht, dass sie es war. Linda, Übersetzerin aus dem Persischen, lässt sich gern von ihren Träumen lenken, und so findet sie sich eines Tages in Lüneburg wieder: Dort lebte ihre kaum gekannte Großmutter Ida unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, geflohen aus Oberschlesien, verwitwet, mit fünf Kindern. Knapp eineinhalb Meter groß, arbeitete sie für den „Direktor des englischen Kinos“. Dieser Halbsatz entzündet Lindas Phantasie, und schon ist sie mitten in der Zeit der britischen Besatzung, von 1945 bis 1949: Ida verliert ihren Mann, Ida schrubbt Wäsche für die Tommys, und Ida begegnet Mr. Thursday. Sie fängt bei ihm im „Astra Cinema“ an und merkt vor lauter Begeisterung für die Filme kaum, dass er sich in sie verliebt … Das Kino wird zum Gegenbild für die raue Wirklichkeit, durch die Ida und ihre kleine Rasselbande sich als „Flüchter“ durchboxen, mit Einfallsreichtum, der Kraft der Träume und der Liebe, die sie verbindet. Indem Linda aus Sehnsucht nach der Großmutter, die sie nicht hatte, zu deren Erzählerin wird, verändert sie sich selbst – und erzählt noch dazu die Geschichte einer ganzen Epoche.“ (Quelle: Mitteldeutscher Verlag)

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MEINE MEINUNG:

Linda, eine Übersetzerin aus dem Persischen, hat ihre kleine Großmutter Ida nie wirklich kennengelernt. Zumindest war sie noch zu jung, als dass sie sich heute noch an sie erinnern könnte. Doch aus irgendeinem Grund taucht die kleine alte Frau, die gerade einmal 1,47 Meter misst, immer wieder in ihren Träumen auf und Linda begibt sich kurz darauf auf Spurensuche. Sie findet sich in Lüneburg wieder, einem Ort, wo ihre Großmutter mit ihren Kindern viele Jahre gelebt hatte…

Ida Sklorz, oder auch Tante bzw. Frau Ida genannt, flüchtet zum Ende des zweiten Weltkriegs mit ihren vier Kindern Kaspar, Hannes, Nanne und Karl zu ihren Schwiegereltern nach Lüneburg. Ihr Mann Kurt ist beim Militär und mit seinen Eltern und seiner Schwester kommt Ida nicht gut zurecht. Sie wird weniger wie Familie und viel mehr wie eine Aussätzige behandelt, bekommt von allem nur die Reste und Überbleibsel zugesteckt, was für die kleine Frau und ihre Kinder keinesfalls ausreicht. Immer wieder beschwert sie sich per Brief bei ihrem Mann und fasst dann den Entschluss, sich Arbeit zu suchen, um nicht mehr abhängig von der Schwägerin und den Schwiegereltern zu sein. Zuerst kümmert sie sich um die Wäsche einiger Männer der britischen Besatzung, doch schon nach kurzer Zeit muss sie die Arbeit wieder aufgeben. Sie kämpft sich durch, besorgt sich eine neue Unterkunft und kann schon bald ihren Mann wieder in die Arme schließen. Doch das Glück soll nicht von Dauer sein, denn die Familie wächst, Kurt wird krank und Ida steht schon bald mit fünf Kindern wieder ganz am Anfang. Mit Mr. Thursday kommt allerdings ganz unverhofft die Wende.

Kintopp […] besteht eben nicht vor allem aus den Worten, sondern vor allem aus den Bildern! Deshalb hat es überhaupt mit dem Stummfilm geklappt […].Tanja Langer, Meine kleine Großmutter & Mr. Thursday, Mitteldeutscher Verlag

Meine kleine Großmutter & Mr. Thursday war eine für mich ungewohnte Lektüre. Obwohl der Roman teilweise auf realen Charakteren beruht, war es doch eine fiktive Geschichte, aber ich hatte zunehmend das Gefühl, eine Biografie in den Händen zu halten. Das Buch war belehrend – ich habe sehr viel über die Nachkriegszeit erfahren können – doch die große Spannung blieb für mich leider aus. Ich fand es schade, erst relativ spät von Mr. Thursday zu erfahren (sein Charakter tritt nach 240 Seiten zum ersten Mal auf) und auch mit ihm im Bild wird die Handlung nur schleppend vorangetrieben. Interessant fand ich wiederum die Einbeziehung des englischen Kinos. Man erfährt von alten Kinofilmen, von Klassikern und großen Hits, die sich in den 1930er und 40er Jahren großer Beliebtheit erfreuten; man bekommt einen genauen Einblick in die Arbeit als Filmvorführer und welche Bedeutung das Kino für die Menschen der Nachkriegszeit hatte. Die Autorin hätte auf einige unnötige Wiederholungen verzichten können und auch Anführungszeichen wären bei der wörtlichen Rede hilfreich gewesen, doch insgesamt hat mir der Roman trotz fehlender Spannung recht gut gefallen. Der Schreibstil war sehr angenehm und das Leben der kleinen Frau Ida interessant genug, dass ich erfahren wollte, wie sie die Steine, die ihr in den Weg gelegt wurden, beseitigen konnte.

Hinweis
Diese Rezension sowie die unten stehende abschließende Bewertung basieren einzig und allein auf meiner subjektiven, ehrlichen Meinung. Alle angesprochenen Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge können nicht auf die allgemeine Leserschaft des Buches bezogen werden. 
ECKDATEN ZUM BUCH:

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Quelle: Mitteldeutscher Verlag

Erscheinungstermin: 01.08.2019
Seiten: 416
ISBN: 978-3-96311-181-5
Autorin: Tanja Langer
Preis: 18€ (Taschenbuch)

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INFORMATIONEN ZUR AUTORIN:

Tanja Langer, geb. 1962 in Wiesbaden, studierte Vergleichende Literaturwissenschaften, Politologie, Kunstgeschichte und Philosophie in München, Paris und Berlin. Sie inszenierte zahlreiche Theaterstücke, publizierte in großen Tageszeitungen und veröffentlichte Erzählungen, Hörspiele und Romane, zuletzt Der Tag ist hell, ich schreibe dir (2012; 2019 als Hörbuch gelesen von Eva Mattes) und Der Maler Munch (2013). Sie schreibt für bildende Künstler und Neue Musik, u. a. das Libretto für die Oper Kleist von Rainer Rubbert (2008). Sie lebt in Berlin. (Quelle: Mitteldeutscher Verlag)

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